Lasst uns über Werte reden – Strategie Austria Workshop zu Werten in Krisenzeiten
Was passiert in Zeiten von Umbrüchen mit Werten? Beim Strategie Austria Workshop am 29. September drehte sich alles um Werte im Wandel. Coach und Gründer der Values Academy Frank H. Sauer sowie Stefanie Hofer und Benedikt Streb von BrandTrust gaben dabei spannende Einblicke in die Welt der Wertearbeit und die Resilienz von Marken.
Werte sind schon lange weit mehr als nur ein Buzzword, sie geben uns starken Halt und Orientierung. „Gerade in Krisenzeiten sind diese zwei Eigenschaften von großer Bedeutung, nicht nur für Menschen, sondern besonders auch für Organisationen und Marken“, unterstreicht Jana David-Wiedemann, Strategie Austria-Präsidentin. Doch was macht eine Krise mit unseren Werten? Wie werden sie dadurch verändert und welche Möglichkeiten gibt es, in sich schnell ändernden Zeiten mit dem Thema Markenresilienz umzugehen? Die Teilnehmer:innen, darunter Unternehmer:innen, Strateg:innen und Markenverantwortliche, beschäftigten sich einen Nachmittag intensiv mit diesen und noch viel mehr Fragen.
Werte-Theorie anwendbar machen
Im Rahmen eines Workshops entführte Frank H. Sauer, einer der ersten Coaches Deutschlands und Gründer der Values Academy, die Teilnehmenden in die Welt der Werte. Innerhalb von zwei Stunden wurden Tools, Strategien und kooperatives Wertemanagement beleuchtet, um die Werte-Theorie in weiterer Folge anwendbar zu machen.
Werte haben ihren Ursprung in der Philosophie. Die tatsächliche Arbeit mit Werten ist höchstkomplex, wer tiefer in das Thema einsteigen will, muss sich laut Sauer zuallererst damit auseinandersetzen, was Werte überhaupt sind. Aus Sicht des Experten sind alle Werte die Ergebnisse von Messungen, wobei messen mit fühlen gleichzusetzen ist. Beim Wetter geht es schließlich auch nicht darum, welche Zahl das Thermometer zeigt, sondern wie es sich anfühlt. Damit ist alles, was gemessen werden kann – unabhängig davon, ob objektiv oder subjektiv – ein Wert. 1.278 Begriffe kommen somit als Werte in Frage, einige darunter sind Synonyme.
"Wir müssen mehr über Werte reden. Und zwar nicht über den Begriff 'Werte', sondern darüber, was das wirklich bedeutet und welche Werte wir vertreten. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen und den Wert auf uns selbst zu reflektieren. Oft erwarten wir, dass unsere Mitmenschen die Werte im Alltag leben, ohne selbst darüber nachzudenken, was der Begriff wirklich bedeutet", unterstreicht Sauer. "Alle, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, sollten sich im Vorfeld ansehen, welche Werte es denn überhaupt gibt. Dazu stellen wir in der Values Academy online ein kostenloses Wertelexikon mit 132 Werten und 17 Wertesystemen zur Verfügung und jeder einzelne Begriff ist sehr ausführlich definiert."
Außerdem steckt hinter jedem Wert immer ein Motiv, das eine Person erst dazu bringt, ihre Wertevorstellung auszuleben. Diese Motive können intrinsisch und in einzelnen Fällen auch extrinsisch motiviert sein. Auch um eine Unternehmenskultur zu definieren, müssen Werte festgelegt werden. Maslow und Co sind Theorie, aber es gilt diese in die Praxis umzusetzen. Zentral ist dabei die Frage, wie die Bedürfnisse von Mitarbeitenden übersetzt werden können. Grundsätzlich gibt es laut Sauer in jedem Unternehmen vier rollenspezifische Motive, die dabei berücksichtigt werden müssen: Das Motiv jedes Individuums im Unternehmen ist das Grundmotiv Anerkennung. Subkulturen haben jeweils ein gemeinsames Grundmotiv, den Teamgeist. Das Management verfolgt das Grundmotiv der Kontrolle – wobei es weniger darum geht zu kontrollieren, sondern mehr um das Steuern und Managen. Schließlich gibt es noch das Grundmotiv der Investor:innen, das immer der Profit ist.
Nähere Informationen zum Wertelexikon unter www.wertelexikon.de
Markenresilienz als A und O in Zeiten des Wandels
Vergleicht man die Werte-Sets unterschiedlicher Generationen, so werden schnell große Unterschiede sichtbar: Andere Prioritäten, andere Erwartungen, andere Vorstellungen. Diese Entwicklungen sind entscheidend für das proaktive Handeln von Marken. Zeiten des Wandels und vielfältige Werte bei unterschiedlichen Generationen können Hürden im Bereich der Markenresilienz darstellen. Wie man diese am besten überwindet und welche Indikatoren die Resilienz einer Marke messbar und damit auch steuerbar machen, zeigten Stephanie Hofer und Benedikt Streb in ihrem Workshop. Außerdem sprachen sie darüber, wie ganzheitlich markenorientierte Unternehmensführung zum Aufbau einer zukunftsfähigen Markenresilienz beitragen kann.
"Marken brauchen ein klares Wertesystem. Am Ende ziehen Marken, genauso wie Personen, über Werte Menschen an. Ein klares Wertesystem zeigt nicht nur auf, wer man als Marke ist, sondern auch wo die Glaubwürdigkeitsgrenzen liegen. Erst dadurch entsteht Differenzierung und Anziehungskraft", erklärt Stephanie Hofer, Consultant und Expertin für Customer Journey bei BrandTrust.
Marken können laut Benedikt Streb, Partner bei BrandTrust, nur erfolgreich sein, wenn sie gelebt werden. Daher müssen auch die Werte eines Unternehmens von innen kommen. Jede starke Marke hat Fans und Feinde. Ein Unternehmen, das für klare Werte steht, muss die Gegner:innen genauso akzeptieren wie die Befürworter:innen. Der höchste Wert von Marken ist laut BrandTrust die Verdichtung auf ein einziges Wort, also die spezifische Assoziation. Starke Marken sind erfolgreich, weil sie ihre unternehmerische Spitzenleistungen in spezifische Werte mit Mehrwert übersetzen. Je spezifischer die Werte einer Marke sind, desto stärker ist auch ihre Resilienz. Besonders in unsicheren Zeiten ist Markenresilienz das A und O. Wie resilient eine Marke wirklich ist, kann mittels Kund:innen-Befragung anhand der folgenden zehn Key-Indikatoren gemessen werden: Preis-Premium, Volumen-Premium, Marken-Advocacy, Zukunftsfähigkeit, Adaptionsfähigkeit, Markenerlebnis-Exzellenz, Unverzichtbarkeit, Gesellschaftliche Relevanz, Mitarbeiter:innenstolz und Bekanntheit. Dabei ist ausschlaggebend, dass Unternehmen nicht nur bei einzelnen dieser Indikatoren gut abschneiden, sondern alle Faktoren auf hohem Niveau erfüllen. Die Resilienz einer Marke kann jedoch nicht allein durch das Marketing aufgebaut werden, sondern muss als strategisches Ziel gesamtheitlich von allen Abteilungen eines Unternehmens verfolgt werden. Nur so wird die Summe aller Potenziale ausgeschöpft. Der Aufbau einer resilienten Marke kann nicht innerhalb weniger Monate umgesetzt werden, sondern ist ein langer Prozess, der sich jedoch am Ende des Tages lohnt.
Veränderung als stetige Begleiter
Die Förderung von Strategie in Österreich steht bei Strategie Austria an oberster Stelle. Im Rahmen von Veranstaltungsformaten wie Workshops, Vorträgen und Symposien ist Knowhow-Transfer eine wesentliche Aufgabe des Branchenvereins. Wie im Rahmen des Workshops sichtbar wurde, sind Strategie und Werte untrennbar miteinander verbunden. Und auch Strategie Austria-Vorständin Bettina Schatz ist davon überzeugt, dass die Wertearbeit ein essenzieller Bestandteil von der Strategieentwicklung und -weiterentwicklung ist: "Genauso wie Wandel und Umbrüche beschäftigen uns Werte in der Werbung, Markenkommunikation und Strategiekonzeption stetig. Nicht nur in Krisenzeiten ist es wichtig sich mit Wertearbeit auseinanderzusetzten. Eine Strategie kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sie laufend an die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Umbrüche adaptiert wird. Wie relevant und allgegenwärtig dieses Thema in unserer Branche ist, wird nicht zuletzt durch das große Interesse der Teilnehmer:innen deutlich."